IMG_0197 (für 14 spieler) 2011
aufgeführt von/performed by:
Orchester der HfMT Köln, Ltg: Marcus Creed
Die theoretische Motivation, das Stück zu schreiben, war neben den musikimmanenten Ideen eine Beschäftigung mit dem Begriff der Gruppe. Ausgehend von der Theorie des Möglichkeitsfeldes von Pierre Bourdieu und der kritischen Hinterfragung der Einteilung von Lebewesen in die Gruppen der "Tiere", "Pflanzen" und "Menschen" hat sich in diesem Stück eine Eigendynamik über die Gruppenthematik entwickelt, die diese theoretischen Ansätzen zwar noch in sich trägt, aber nicht direkt erfahrbar oder vermittelbar macht.
Grob gefasst ist das Möglichkeitsfeld von Bourdieu ein Konzept, dass jenes der Klasseneinteilung der Gesellschaft ablösen will. Jedes Subjekt kann innerhalb der Gesellschaft durch sein kulturelles, soziales und ökonomisches Kapital positionieren, wobei es zu Gruppenbildungen kommt, jedes Individuum aber mehreren Gruppen angehört. Die Gruppen und Individuen können im Laufe der Entwicklung innerhalb eines großen Feldes, das das Gesamtpotential einer Gesellschaft einzäunt, wandern. Die Theorie bleibt einer maximal dreidimensionalen Beschreibung verhaftet und gibt nicht die Möglichkeit frei, Gruppen und Individuen innerhalb des Feldes an mehreren Stellen gleichzeitig zu agieren (so kann etwa ein Vorstandsmitglied einer Bank gleichzeitig im Kleingartenverein Mitglied sein, Groschenromane lesen und sich in der Kochkunst verstehen). Das Feld würde damit zu einem Rhizom, das mehr als dreidimensional ist, erweitert werden.
Diese Gruppendefinition und die Verwerfung der groben Einteilung der Lebewesen in sich ausschließenden Gattungen zugunsten einer Neudefinition von Gemeinsamkeiten und Unterschieden aller Lebewesen als gleichwertige Nenner innerhalb des Möglichkeitsfeldes sind der Ansatz für eine die Gruppengestaltung innerhalb des Stückes.
Ein Photo dient als Titel für das Stück, da es das Stück besser widerspiegelt als Wörter, die zu stark auf die zwar wichtige, aber verschwindende Theorie hinter dem Stück verweisen würden. Auch das Photo orientiert sich an Gruppenphänomenen, ist aber am Ende mehr Selbstzweck als Theoriemalerei.